Samstag, 30. Mai 2009

Der "Faktor Mensch" oder Warum der Sozialismus nicht funktioniert

In Diskussionen höre ich oft, der Sozialismus / Kommunismus würde aber zwangsläufig am "Faktor Mensch" scheitern. Der Egoismus des Menschen, das Streben nach eigenem Vorteil, sei eben eine unüberwindliche Hürde, welche der Errichtung einer gemeinnützigen Gesellschaft im Wege steht.
Diese Behauptungen sind leicht widerlegbar.
Jeder Mensch durchläuft nicht nur in seinem Leben eine Entwicklung, sondern unterscheidet sich in seinen Denk- und Verhaltensmustern von jedem anderen Menschen. Ein konstanter "Faktor Mensch" existiert auch kurzfristig nicht.
- Lernen bedeutet Änderung des Verhaltens. Ein unveränderliches Verhalten hieße, der Mensch sei nicht lernfähig. Eine so blödsinnige Behauptung ist keines Kommentars wert.
- Der zeitlich größte Teil der menschlichen Entwicklung fand in gemeinnützigen Gesellschaften statt: Ur- und Stammesgesellschaft. Reste dieser Gesellschaften finden sich nicht nur in abgelegenen Amazonasurwäldern, sondern selbst in Europa. Verfechter des "unveränderlich egoistischen Faktors Mensch" sollten vielleicht mal ihren nächsten Urlaub vom "Ballermann 6" auf Mallorca nach Nordeuropa verlegen, wo immer noch vor seiner Haustür die große Stammesgesellschaft der Sami existiert.
- Der Gemeinnutz führt nicht etwa zum persönlichen Schaden, sondern ist im Gegenteil der optimale Weg, langfristig eigenen Nutzen zu erzielen8. Er ist nicht mit dummem Gutmenschentum, dem Altruismus, zu verwechseln9. Gemeinnutz geht vor Eigennutz, denn Gemeinnutz führt zu eigenem Nutzen.
- Der Mensch ist nicht genetisch egoistisch veranlagt. Der Egoismus wird geprägt, und zwar im Kleinkindesalter. Aber selbst diese Prägung ist nicht endgültig. Friedrich Engels, Abkömmling einer Kapitalistenfamilie, wurde nicht nur zu einem der Vorreiter des Sozialismus, sondern unterstützte auch seinen Freund Marx und die Arbeiterbewegung. Dabei gab er nicht etwa "sein letztes Hemd", was dummes Gutmenschentum wäre, sondern handelte nach dem kommunistischen Grundsatz, aus jeder Handlung auch (aber niemals überwiegend) eigenen Nutzen zu ziehen.
-Kommunisten verhalten sich nicht nur untereinander, sondern auch gegenüber Nichtkommunisten kommunistisch. Wir helfen Jedem, der bereit ist, uns zu helfen, und machen dabei sogar den ersten Schritt. Aber: Wer uns schaden will, findet in uns seine schlimmsten Gegner.
Die bürgerliche Scheißhausparole, egoistisches Verhalten sei angeboren und ewig, ist also völlig haltlos. Deshalb scheiterte der Sozialismus auch nicht an einer ewigen Gesetzmäßigkeit, sondern an individuellem und gesellschaftlich überwiegendem Fehlverhalten. Wer diese Parole verwendet, will über angebliches "menschliches" egoistisches Verhalten sein eigenes egoistisches Verhalten, also seinen rücksichtslosen Eigennutz, seine Feigheit, Dummheit und Arroganz, rechtfertigen.
Das heißt, die Errichtung des Sozialismus und seine Entwicklung zum Kommunismus scheitert tatsächlich am Faktor Mensch (oder wie wir sagen: dem subjektiven Faktor).
Allerdings heißt das nicht, daß der Sozialismus zwangsläufig immer wieder scheitern wird, so lange Menschen existieren, sondern daß der Mensch mehrheitlich
- einen bestimmten Erkenntnisstand erreichen muß, um den Sozialismus stabilisieren und gegen innere und äußere Feinde verteidigen zu können.
- bereits so geprägt werden muß, daß er nicht so leicht den Verlockungen der kurzfristigen persönlichen Vorteile egoistischen Verhaltens erliegt.
Diese Bedingungen waren bisher offensichtlich nicht erfüllt.
Wobei immer zu berücksichtigen ist, daß zur Zeit immer noch sozialistische Staaten (Republik Cuba, KDVR) existieren. Nicht, weil der Imperialismus nicht Alles daransetzen würde, sie sich wieder einzuverleiben wie die UdSSR, die DDR, viele Andere und derzeit auch die "Volksrepublik" China, sondern weil die Völker und die Staaten aufgrund ihres Entwicklungsstandes aktiv ihre gemeinnützige Gesellschaft verteidigen und sich erfolgreich gegen den Imperialismus zur Wehr setzen.