Samstag, 30. Mai 2009

Die Urteile des Nürnberger Prozesses als Spiegel imperialistischer Rechtsprechung

Nach der Niederwerfung des Faschismus in Deutschland wurde vom 20.11.1945 bis zum 01.10.1946 gegen die Hauptkriegsverbrecher des faschistischen Deutschland in Nürnberg vor dem Internationalen Militärgerichtshof der Nürnberger Prozeß geführt. Die Anklagepunkte waren:
Gemeinsamer Plan oder Verschwörung, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In Folge fanden bis 1949 weitere Prozesse gegen wichtige Verbrecher des faschistischen Deutschland statt.
An den Urteilen dieser Prozesse kann man sehr gut ablesen, daß die Hintermänner des imperialistischen Eroberungskrieges und anderer Verbrechen wie der Massenvernichtung von Menschen - die Großkapitalisten - nahezu oder ganz ungeschoren blieben. Nicht so die Strohmänner der politischen, militärischen und wirtschaftlichen Geschäftsführung des Großkapitals. Man kann das sehr gut an Herkunft der Verurteilten und ihrer gesellschaftlichen Stellung vor der Machtergreifung der Faschisten belegen.
Gegen wen wurden die Todesurteile verhängt?
Martin Bormann, Sohn eines Postbeamten, später Landwirtschaftslehrling, Naziparteikarriere
Hans Frank, Sohn eines Rechtsanwalts, Anwalt
Wilhelm Frick, Sohn eines Lehrers, bayerischer Staatsbeamter
Hermann Göring, Sohn eines Juristen und Kolonialbeamten, militärische Laufbahn, Offizier
Alfred Jodl, Sohn eines Oberst, militärische Laufbahn, Offizier
Ernst Kaltenbrunner, Sohn eines Rechtsanwalts, Chemie-, später Jurastudium, Anwalt
Wilhelm Keitel, Sohn eines Gutsbesitzers, militärische Laufbahn, Offizier
Joachim von Ribbentrop, Sohn eines Offiziers, Banklehre, Arbeiter im Eisenbahnbau, später eigene Weinhandlung, Heirat der Sektfabrikantentochter Henkell, Übernahme der Berliner Henkell- Vertretung, später Naziparteikarriere
Alfred Rosenberg, Sohn eines lettischen Kaufmanns, Studium der Ingenieurwissenschaften und der Architektur, nach Russischer Revolution Flucht nach Deutschland, Naziparteikarriere
Fritz Sauckel, Sohn eines Briefträgers, Matrose, Schlosserlehre, Naziparteikarriere
Arthur Seyß-Inquart, Sohn eines Gymnasialdirektors, Jurastudium, Anwalt
Julius Streicher, unehelicher Sohn eines Volksschullehrers, Lehrerseminar, Lehrer, Naziparteikarriere Wie an der Liste unschwer erkennbar ist, waren alle zum Tode verurteilten Nazis Angehörige des Kleinbürgertums und kleinbürgerlicher oder bäuerlicher Herkunft. Sie wurden aufgebaut und fallengelassen. Sie waren das Bauernopfer im Spiel um Rüstungsprofite und Märkte - was ihre Schuld natürlich nicht mindert. Jedes dieser Todesurteile wurde zu Recht gesprochen. Interessanter sind die Todesurteile, welche NICHT gesprochen wurden.
Denn was geschah den Drahtziehern, den Förderern, Auftraggebern und Nutznießern aus den Reihen des Großkapitals? Gegen keinen von ihnen wurde ein Todesurteil gefällt. Die Haftstrafen nehmen sich im Angesicht der faschistischen Verbrechen lächerlich aus. Hier nur zwei Beispiele der härtesten Strafen gegen zwei hauptsächliche Drahtzieher und Nutznießer der faschistischen Verbrechen:
Friedrich Flick, Sohn eines Landwirts und Grubenholzhändlers, Großindustrieller, war Förderer der NSDAP und (u.a.) Wehrwirtschaftsminister im faschistischen Deutschland. Er wurde zu 7 Jahren Haft wegen besonders grausamer Behandlung von Zwangsarbeitern in seinen Werken verurteilt.
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, Sohn eines Großindustriellen, Großindustrieller in den Bereichen Kohle und Stahl, wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstößen gegen das Kriegsrecht zu 12 Jahren Haft und Einziehung des Gesamtvermögens verurteilt, nach 6 Jahren begnadigt und bekam sein Vermögen zurückerstattet.
Das Verfahren gegen seinen Vater, Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, wurde "aus gesundheitlichen Gründen" eingestellt.
Diese Fakten bedürfen wohl keines Kommentars. Die Nürnberger Prozesse sind ein klarer Fall bürgerlicher Klassenjustiz.
Natürlich war auch die UdSSR - zumindest am Nürnberger Prozeß - beteiligt. Zum Zeitpunkt der späteren verhinderte der sich verschärfende "kalte Krieg" die Teilnahme. Aber man darf nicht vergessen, daß ihr beim Nürnberger Prozeß drei imperialistische Mächte (USA, Frankreich, Großbritannien) gegenüberstanden und deren Interessen somit dominierten. Gerade der "kalte Krieg" beweist, daß UdSSR und die anderen Mächte schon zu diesem Zeitpunkt (wie zu jedem, an dem Kapitalismus und Sozialismus gleichzeitig existieren) verfeindet waren und im Prozeß zwangsläufig keine kommunistischen, sondern imperialistische Interessen zum Ausdruck kamen.